top of page
BOHNEN Public Affairs Logo

Blog

Aktuelles aus Politik und Wirtschaft erfahren Sie in unserem Blog

AutorenbildBOHNEN Public Affairs

Klare Kante gegen Demokratiefeindlichkeit – ist das zu viel verlangt?

Gastbeitrag von Dr. Katharina Reuter und Kathleen Klement (Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft e.V.)


In einer Zeit, in der politische und soziale Spannungen weltweit zunehmen, sollten Unternehmen Stellung zu demokratiefeindlichen Haltungen beziehen. Während einige Unternehmen entschieden diesen Weg gehen, scheint es anderen schwerzufallen, klare Position zu beziehen. Warum ist das so? Was kann und muss von Unternehmen gefordert werden? Diesen Fragen widmet sich dieser Gastbeitrag.


Unternehmen tragen politische Verantwortung


Traditionell wurden Unternehmen primär als wirtschaftliche Akteure betrachtet, deren Hauptziel es ist, Profit zu maximieren. Doch in den letzten Jahrzehnten hat sich diese Sichtweise gewandelt. Unternehmen haben eine immer wichtigere Rolle in der Gesellschaft übernommen, die über rein wirtschaftliche Aktivitäten hinausgeht[1]. Sie sind Arbeitgeber, Innovatoren und Influencer in ihren Gemeinschaften und darüber hinaus. Diese Rollen können sie in einer Demokratie ausleben, denn sie bietet den rechtlichen Rahmen und die Freiheit, die Unternehmen benötigen, um sich positiv zu entwickeln. Es ist nur folgerichtig, dass Unternehmen eine moralische Verpflichtung haben, diese Werte zu unterstützen und sich gegen Bewegungen zu stellen, die diese Grundlagen untergraben[2].


Rechtspopulistische Strömungen gefährden Demokratie und Nachhaltigkeit


Europa erlebt seit einigen Jahren eine politische Rechtsbewegung (u.a. erstarkende AfD in Deutschland, postfaschistische Regierung in Italien). Diese Entwicklungen lösen bei Unternehmen aller Branchen und Größen Sorgen um die wirtschaftlichen Errungenschaften der EU mit ihren demokratischen Grundprinzipien, einem freien Handel und der Einheitswährung aus[3]. In den Wochen vor der Europawahl haben deshalb verschiedene Initiativen Unternehmen aufgerufen, sich für Demokratie und ihre Werte auszusprechen[4]. So auch der BNW mit der offenen Unternehmenserklärung "Wirtschaft wählt Vielfalt und Nachhaltigkeit: Für die Zukunft Europas"[5]: Im Unterschied zu anderen Aufrufen ist hier nicht nur formuliert, dass sich die Unternehmen für Demokratie aussprechen, sondern auch eine deutliche Positionierung gegen rechtspopulistische Strömungen einnehmen. Aber neben den mehr als 700 unterzeichnenden Unternehmen gab es auch einige Absagen.


CPR nicht immer einfach in der Praxis


Die Spurensuche, warum manche Unternehmen sich der offenen Unternehmens­erklärung nicht anschlossen, ergab folgende Argumente:

  • Man könne sich nicht nur einseitig gegen rechtspopulistische Strömungen positionieren, sondern wenn, dann müsse man sich gegen alle Extreme wenden.

  • Eine politische Positionierung sei nur mit zeitlichem Abstand zu einer Wahl möglich.

  • Die Forderung nach der sozial-ökologischen Transformation könne man nicht mittragen, da dies zu sehr nach einem „Weniger“ (Suffizienz) klingen würde.


Tendenz zur politischen Enthaltsamkeit?


Für das Wahrnehmen der Corporate Political Responsibility (CPR; Einsatz der unternehmerischen Ressourcen im Sinne des öffentlichen Interesses und durch gesellschaftspolitisches Engagement[6]) mit Blick auf die AfD gibt es „keinen Königsweg und keine Gewissheit, dass die klare Abgrenzung hält, aber sie einfach preis zu geben, spricht nicht nur gegen die fdGO [freiheitlich demokratische Grundordnung], sondern auch gegen die Interessen der deutschen Wirtschaft“[7].


Eine gesunde Demokratie braucht den offenen, respektvollen und zielgerichteten Dialog. Gewalt und Missachtung von Umwelt- und Menschenrechten – egal von welcher Seite – dürfen keinen Raum bekommen. Im Sinne einer CPR-Strategie sollten sich Unternehmen auf grundlegende Werte einigen (z. B. Code of Conduct). Gleichzeitig muss aber auch Raum für Reaktionen auf aktuelle Entwicklungen sein – Unternehmen sollten sich gegen aktuelle Bedrohungen aussprechen können. Derzeit ist eine Bedrohung des Wirtschaftsstandortes vor allem in den Wahlprogrammen und Plänen der AfD zu erkennen[8].


Angesichts einer bevorstehenden Wahl nicht zurückziehen


Ein demokratischer Grundsatz ist, dass alle Menschen mündige Bürger:innen sind, die ihre eigene Meinung bilden, sich frei informieren und entscheiden. Unternehmensleitungen dürfen ihren Mitarbeitenden und Stakeholdern diese Souveränität nicht absprechen. Gleichzeitig müssen sie verdeutlichen, dass ein Unternehmen eine Instanz ist, die auf Basis freiheitlich demokratischer Rechte funktioniert. Dafür ist es wichtig, sich nicht anlässlich einer Wahl in die Enthaltsamkeit zurückzuziehen, sondern gerade dann die bereits vorher definierte Positionierung aufrechtzuerhalten und auf die Gefahren der Demokratiefeindlichkeit hinzuweisen.


Transformation in die CPR-Strategie einbinden


Will ein Unternehmen langfristig erfolgreich sein, darf es nicht nur auf das Heute schauen. Wichtig ist auch der Blick in die langfristige Zukunft und ein Verständnis für die Begrenztheit von Ressourcen und Ökosystemen (Planetare Grenzen). Allerdings bewegen sich Unternehmen heute in einem Wirtschaftssystem, in dem sich nicht-nachhaltiges Handeln immer noch rechnet. Derzeit wird der „Business-Case Nachhaltigkeit“ noch durch unfaire Marktbedingungen behindert. Hier kann die CPR-Strategie die Transformationsthemen sinnvoll einbinden. Wichtig zu wissen: Die AfD leugnet den menschengemachten Klimawandel und bezieht Position gegen Klima­schutz­maßnahmen und andere Umweltpolitiken.


Prioritäten setzen für die Zukunft


Unternehmen sind erfolgreich, wenn es der Gesellschaft gut geht. Demokratie hat Gleichheit als Ziel. Unser aktuelles Wirtschafts­system ist aber auf Konkurrenz ausgerichtet, verursacht Ungleichheit. Demokratie baut auf Mitbestimmung – Unternehmen hingegen bauen (häufig noch) auf Hierarchie [8]. Es ist daher nicht trivial, wie es gelingt, dass Wirtschaft und Demokratie immer mehr in Einklang kommen können.

Demokratie ist das beste uns bekannte System für eine gesunde, prosperierende und nachhaltige Gesellschaft. Doch sie ist nicht selbstverständlich. Unternehmen tragen einen Teil der Verantwortung für ihren Erhalt, indem sie sich klar gegen Demokratiefeindlichkeit stellen und für eine zukunftsfähige, nachhaltige Gesellschaft einstehen. Daher ist eine klare Kante gegen Demokratiefeindlichkeit unserer Meinung nach nicht zu viel verlangt!


Die Mitgliedsunternehmen des Bundesverbands Nachhaltige Wirtschaft BNW e.V. sind Nachhaltigkeitspioniere, die sich politisch in verschiedene Debatten einbringen, zum Beispiel wenn es um Demokratie und Klimaschutz geht. In der DNA des Verbandes liegt nicht nur das Politische, sondern auch die ganzheitliche Betrachtung einer konstruktiven Wirtschafts­wende und das branchen­übergreifende Verständnis von Transformation. Daher empfiehlt sich CPR als strategische Weiter­entwicklung von Konzepten der Unternehmens­verantwortung – ein Upgrade der CSR-Strategie um die politische Dimension hin zu Corporate Political Responsibility.

 

[1] Vgl. Reuter, K., 2024, Corporate Political Responsibility: Die Verantwortung von Unternehmen in der politischen Arena, https://www.haufe.de/sustainability/debatte/corporate-political-responsibility_575768_623736.html

[2] Vgl. Bohnen, J., 2020, Corporate Political Responsibility, Springer Verlag, https://doi.org/10.1007/978-3-662-62122-6, S. 26

[7] Bergmann, K. et al, 2024, S. 21

[8] Vgl. Bergmann, K. et al, 2024, S. 2

93 Ansichten0 Kommentare

Comments


bottom of page